heute - der ewige krieg (autor: joe haldeman)
ich bin erst bei der hälfte, aber bereits jetzt so begeistert, daß ich es mal vorstellen muß
das buch wurde nach dem vietnamkrieg (in dem der autor schwer verwundet wurde, der bezug zum vietnamkrieg ist im buch immer wieder vorhanden) geschrieben und ende der 70iger (oder anfang der 80iger, weiß nicht so genau) veröffentlicht. die handlung beginnt "im orignal" im jahr 1997. für die abstraktion (schließlich ist es science fiction) wurde die jüngste übersetzung ins jahr 2297 verlagert.
zur story: william mandella studierte physik, ist überdurchschnittlich intelligent und wird aus diesem grund (wie alle anderen intelligenten leute) zum wehrdienst eingezogen. die technik (bewegungsverstärkende kampfanzüge -> daran wird übrigens bereits heute geforscht, ist also sehr realistisch geschätzt) ist so weit fortgeschritten, daß nur sehr intelligente menschen damit umgehen können. ebenso wurde mittlerweile das interstellare reisen erfunden. das funktioniert mittels "kollapsaren" (sorry, in physik bin ich ne niete, ich genieße das buch und hinterfrage nicht jede theorie darin ). innerhalb eines sonnensystem wird sich mittels eines tachyonenantriebs fortbewegt, was immer noch wochen und monate dauert (das macht raumkämpfe übrigens interessant. da rechnet man bis zum einschlag von raketen o.ä. in wochen ) nur das reisen durch die kollapsare ist in sekundenbruchteilen erledigt. da reisen innerhalb eines sonnensystems mit beschleunigungen bis 25g (1g = erdanziehungskraft) erfolgen würde es jeden normalen organismus zerquetschen wie ein käfer unter nem elefanten. daher werden die passagiere während dieser zeit mit einem ausgeklügelten mechanismus "konserviert". während objektiv tage oder wochen für die strecke benötigt wurden, vergehen subjektiv und biologisch nur sekundenbruchteile.
nach der ausbildung kommt die truppe zum ersten kampfeinsatz gegen den feind. dieser ist hoffnungslos unterlegen und der trupp metzelt sich durch deren reihen.
das ganze buch basiert auf einem zeitparadox. so sind die taurier kurz darauf auf einmal wesentlich weiter entwickelt als der raumkreuzer auf dem sich die kompanie von mandella fortbewegt, weil objektiv halt einige jahre vergangen sind, für das schiff subjektiv aber nur einige wochen.
nach zwei einsätzen (mit ausbildung und reisen sind bereits 3 subjektive jahre vergangen) ist die wehrpflicht zu ende und mandella kehrt zur erde zurück. diese ist allerdings ebenfalls einige jahrzehnte weiter und absolut trostlos überbevölkert und voller armut. der krieg kostet gigantische summen (mandella bekommt von seinen sold samt zins und zinseszins (was allerdings alles objektiv gerechnet wird: sold für 20 objektive jahre und entsprechende zinsen) nur 5% heraus, der rest sind steuern) udn gleichzeitig ist der krieg es, der die welt vorm absturz bewahrt. nur der krieg hält die wirtschaft noch etwas am leben. mandella findet sich in dieser welt nicht mehr zurecht, homosexuallität ist die beziehungsform der zukunft (staatlich gefördert um die überbevölkerung in den griff zu bekommen), die gesellschaft ist von gewalt und elend durchzogen und alles ist ihm einfach nur fremd.
so zieht er wieder in den krieg nur um stark verwundet zu werden. inzwischen ist er objektiv 215 jahre alt und wieder hat sich alles extrem weiterentwickelt.
weiter bin ich noch nicht. das buch ist einfach der hammer. was hier so kompliziert klingt ist sehr einfach zu lesen, erinnert oft an starship troopers o.ä. (weniger von der gewalt mehr vom "feeling" her, omnipräsenter militärstaat) und es zeigt den wahnsinn des krieges der durch die zeitparadoxe nie enden wird und eigentlich auch nicht enden darf (ich weiß aber nicht wie die zweite hälfte des buches aussieht ). und er greift dieses gefühl auf, was viele "frontschweine" zu empfinden scheinen: die heimat ist ihnen fremd geworden, nur das militär und der kampf bietet ihnen noch rückhalt. geil. eine rezension bei amazon drückt es ziemlich gut aus
Dieses Buch ist mittlerweile ein Klasssiker der SF Literatur. So lese ich es in vielen Rezensionen. Als ich es das erste Mal las, ich war etwa 20 Jahre alt, und bin mittlerweile fast doppelt so alt, hat es auf mich eine ungeheure Faszination ausgeübt. Die Faszination war so groß, dass ich, da ich es aus einer Leihbücherei gegeliehen hatte, selber erwerben wollte. - Fehlanzeige. Der Heyne Verlag hatte über Jahre hinweg keine Neuauflage geplant. Jetzt lese ich mit Freude, dass man es wieder bestellen kann.
Nach wie vor halte ich die Brüchigkeit, mit der Haldeman seinen Hauptprotagonisten schildert, für ungeheuerlich. Er schafft es, nachvollziehbar zu machen, wie sich ein Frischling im Militär zu einem hochdekorierten Kriegsheroen entwickelt, der zu dem, was er an Militärordern zu erfüllen hat, seine eigene Weltsicht hat, und behält. Mandella ist zugleich Zeuge, und Kritiker des Geschehens in einem. Wie alle gute SF Literatur geht Haldeman mit der Gegenwart schonungslos um, und nutzt damit, wie z.B. auch H.G.Wells, die Mittel des Genre. Er spart nicht mit Technologieschilderungen, doch haben sie bei ihm stets auch die Funktion, seine Botschaft zu transportieren.
Joe Haldeman ist ganz klar ein Kriegsgegner. Ihn interessieren nicht die Zivilopfer, die fürchterliche, grausame Seite des Krieges, sondern der Zynismus innerhalb der Gesellschaft, für die Krieg eine Lebenssinn spendende Kraft wird. Und das ganz besondere an Haldeman ist: Er führt den Zynismus zu Ende. Es gibt kein Happy End, den dieses Happy End ist Zynismus pur. Die Menschen, so wie sie als auslaufende Modelle in Mandella und seinen Militärkollegen vom Aussterben bedroht sind, werden genetisch abgeschafft. Der Krieg, und auch Reflektionen darüber werden unnötig, denn die zukünftigen, genetisch optimierten Menschen haben jede Hinwendung zu diesen Formen der Agression verloren. Die Menschheit hat zwar nichts aus der Geschichte gelernt, aber sie muss es auch nicht mehr, denn eine Menschheit, in der die Erfahrungen von Generation zu Generation weitergegeben werden, bis es eine geläuterte Generation geben mag, wird es nie mehr geben.
Die Gesellschaft nach dem "ewigen Krieg" braucht keine Ghandis mehr, das Individuum ist artifiziell, die Persönlichkeit genetisch manifestiert, die Bestie Ego wurde nicht ausgetrieben, sondern genetisch gelöscht.
es gibt übrigens noch ein themenverwandtes buch von haldeman: der ewige frieden.. hat das jemand gelesen?
ach ja: heut hab ich noch ein anderes buch gekauft, klang interessant: "vaterland" von robert harris. spielt 1964 und deutschland hat den zweiten weltkrieg quasi gewonnen und beherrscht europa vom rhein bis zum ural, hitler will den kalten krieg mit den usa beenden und kennedy kommt auf staatsbesuch hat das schon jemand gelesen?