bedrucktes papier

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Beitragvon vac » 05.12.2002 (21:00)

...werden in größeren umfang auch bücher genannt :)

heute - der ewige krieg (autor: joe haldeman)

ich bin erst bei der hälfte, aber bereits jetzt so begeistert, daß ich es mal vorstellen muß :)

das buch wurde nach dem vietnamkrieg (in dem der autor schwer verwundet wurde, der bezug zum vietnamkrieg ist im buch immer wieder vorhanden) geschrieben und ende der 70iger (oder anfang der 80iger, weiß nicht so genau) veröffentlicht. die handlung beginnt "im orignal" im jahr 1997. für die abstraktion (schließlich ist es science fiction) wurde die jüngste übersetzung ins jahr 2297 verlagert.

zur story: william mandella studierte physik, ist überdurchschnittlich intelligent und wird aus diesem grund (wie alle anderen intelligenten leute) zum wehrdienst eingezogen. die technik (bewegungsverstärkende kampfanzüge -> daran wird übrigens bereits heute geforscht, ist also sehr realistisch geschätzt) ist so weit fortgeschritten, daß nur sehr intelligente menschen damit umgehen können. ebenso wurde mittlerweile das interstellare reisen erfunden. das funktioniert mittels "kollapsaren" (sorry, in physik bin ich ne niete, ich genieße das buch und hinterfrage nicht jede theorie darin ;)). innerhalb eines sonnensystem wird sich mittels eines tachyonenantriebs fortbewegt, was immer noch wochen und monate dauert (das macht raumkämpfe übrigens interessant. da rechnet man bis zum einschlag von raketen o.ä. in wochen :) ) nur das reisen durch die kollapsare ist in sekundenbruchteilen erledigt. da reisen innerhalb eines sonnensystems mit beschleunigungen bis 25g (1g = erdanziehungskraft) erfolgen würde es jeden normalen organismus zerquetschen wie ein käfer unter nem elefanten. daher werden die passagiere während dieser zeit mit einem ausgeklügelten mechanismus "konserviert". während objektiv tage oder wochen für die strecke benötigt wurden, vergehen subjektiv und biologisch nur sekundenbruchteile.

nach der ausbildung kommt die truppe zum ersten kampfeinsatz gegen den feind. dieser ist hoffnungslos unterlegen und der trupp metzelt sich durch deren reihen.

das ganze buch basiert auf einem zeitparadox. so sind die taurier kurz darauf auf einmal wesentlich weiter entwickelt als der raumkreuzer auf dem sich die kompanie von mandella fortbewegt, weil objektiv halt einige jahre vergangen sind, für das schiff subjektiv aber nur einige wochen.

nach zwei einsätzen (mit ausbildung und reisen sind bereits 3 subjektive jahre vergangen) ist die wehrpflicht zu ende und mandella kehrt zur erde zurück. diese ist allerdings ebenfalls einige jahrzehnte weiter und absolut trostlos überbevölkert und voller armut. der krieg kostet gigantische summen (mandella bekommt von seinen sold samt zins und zinseszins (was allerdings alles objektiv gerechnet wird: sold für 20 objektive jahre und entsprechende zinsen) nur 5% heraus, der rest sind steuern) udn gleichzeitig ist der krieg es, der die welt vorm absturz bewahrt. nur der krieg hält die wirtschaft noch etwas am leben. mandella findet sich in dieser welt nicht mehr zurecht, homosexuallität ist die beziehungsform der zukunft (staatlich gefördert um die überbevölkerung in den griff zu bekommen), die gesellschaft ist von gewalt und elend durchzogen und alles ist ihm einfach nur fremd.

so zieht er wieder in den krieg nur um stark verwundet zu werden. inzwischen ist er objektiv 215 jahre alt und wieder hat sich alles extrem weiterentwickelt.

weiter bin ich noch nicht. das buch ist einfach der hammer. was hier so kompliziert klingt ist sehr einfach zu lesen, erinnert oft an starship troopers o.ä. (weniger von der gewalt mehr vom "feeling" her, omnipräsenter militärstaat) und es zeigt den wahnsinn des krieges der durch die zeitparadoxe nie enden wird und eigentlich auch nicht enden darf (ich weiß aber nicht wie die zweite hälfte des buches aussieht :) ). und er greift dieses gefühl auf, was viele "frontschweine" zu empfinden scheinen: die heimat ist ihnen fremd geworden, nur das militär und der kampf bietet ihnen noch rückhalt. geil. eine rezension bei amazon drückt es ziemlich gut aus

Dieses Buch ist mittlerweile ein Klasssiker der SF Literatur. So lese ich es in vielen Rezensionen. Als ich es das erste Mal las, ich war etwa 20 Jahre alt, und bin mittlerweile fast doppelt so alt, hat es auf mich eine ungeheure Faszination ausgeübt. Die Faszination war so groß, dass ich, da ich es aus einer Leihbücherei gegeliehen hatte, selber erwerben wollte. - Fehlanzeige. Der Heyne Verlag hatte über Jahre hinweg keine Neuauflage geplant. Jetzt lese ich mit Freude, dass man es wieder bestellen kann.
Nach wie vor halte ich die Brüchigkeit, mit der Haldeman seinen Hauptprotagonisten schildert, für ungeheuerlich. Er schafft es, nachvollziehbar zu machen, wie sich ein Frischling im Militär zu einem hochdekorierten Kriegsheroen entwickelt, der zu dem, was er an Militärordern zu erfüllen hat, seine eigene Weltsicht hat, und behält. Mandella ist zugleich Zeuge, und Kritiker des Geschehens in einem. Wie alle gute SF Literatur geht Haldeman mit der Gegenwart schonungslos um, und nutzt damit, wie z.B. auch H.G.Wells, die Mittel des Genre. Er spart nicht mit Technologieschilderungen, doch haben sie bei ihm stets auch die Funktion, seine Botschaft zu transportieren.
Joe Haldeman ist ganz klar ein Kriegsgegner. Ihn interessieren nicht die Zivilopfer, die fürchterliche, grausame Seite des Krieges, sondern der Zynismus innerhalb der Gesellschaft, für die Krieg eine Lebenssinn spendende Kraft wird. Und das ganz besondere an Haldeman ist: Er führt den Zynismus zu Ende. Es gibt kein Happy End, den dieses Happy End ist Zynismus pur. Die Menschen, so wie sie als auslaufende Modelle in Mandella und seinen Militärkollegen vom Aussterben bedroht sind, werden genetisch abgeschafft. Der Krieg, und auch Reflektionen darüber werden unnötig, denn die zukünftigen, genetisch optimierten Menschen haben jede Hinwendung zu diesen Formen der Agression verloren. Die Menschheit hat zwar nichts aus der Geschichte gelernt, aber sie muss es auch nicht mehr, denn eine Menschheit, in der die Erfahrungen von Generation zu Generation weitergegeben werden, bis es eine geläuterte Generation geben mag, wird es nie mehr geben.
Die Gesellschaft nach dem "ewigen Krieg" braucht keine Ghandis mehr, das Individuum ist artifiziell, die Persönlichkeit genetisch manifestiert, die Bestie Ego wurde nicht ausgetrieben, sondern genetisch gelöscht.


es gibt übrigens noch ein themenverwandtes buch von haldeman: der ewige frieden.. hat das jemand gelesen?

ach ja: heut hab ich noch ein anderes buch gekauft, klang interessant: "vaterland" von robert harris. spielt 1964 und deutschland hat den zweiten weltkrieg quasi gewonnen und beherrscht europa vom rhein bis zum ural, hitler will den kalten krieg mit den usa beenden und kennedy kommt auf staatsbesuch :) hat das schon jemand gelesen?
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Re: bedrucktes papier

Beitragvon .siamesiC Twin. » 06.12.2002 (8:01)

vac hat geschrieben:ach ja: heut hab ich noch ein anderes buch gekauft, klang interessant: "vaterland" von robert harris. spielt 1964 und deutschland hat den zweiten weltkrieg quasi gewonnen und beherrscht europa vom rhein bis zum ural, hitler will den kalten krieg mit den usa beenden und kennedy kommt auf staatsbesuch :) hat das schon jemand gelesen?


sag bloß, du kennst den gleichnamigen film zum buch nicht? :shock:
ist ne ziemlich genaue buch-adaption.
hab die schwarte trotzdem gelesen. interessant finde ich die konsequente fortsetzung von hitlers plänen mit dem speer- bebauten berlin (dem schauplatz). kam letztens auch grade ne doku im tv über germania. da hat man den größenwahn nochmal schön gesehen.
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Beitragvon Berchtesgarden » 06.12.2002 (8:06)

Wenn du Cyberpunk stehst, vac, consider folgende Bücher:

"Snow Crash" und "The Diamond Age" von Neal Stephenson.

Alles ziemlich abgefahren, aber nicht wirklich so weit von der Realität entfernt.
Konzept : Stadtguerilla 2003
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Beitragvon vac » 06.12.2002 (9:08)

st: da gibts nen film zu? :shock: nie gehört davon :?

berchtesgarden: naja.. "richtigen" cyberpunk mag ich nicht so. aber da ich shcon viel gutes über "snow crash" gehört habe, werd ich es mir mal zu gemüte führen :)
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Beitragvon haiwire » 06.12.2002 (9:25)

da hat man den größenwahn nochmal schön gesehen.


findest du pläne für das damalige berlin größenwahnsinnig?
wenn ich die straße des 17.juni langfahre und mir vorstelle, daß das nur ein kleiner teil der prachtstraße war, ist das schon beeindruckend.
wenn der triumphbogen und die ruhmeshalle die einzigen großen pläne des diktators gewesen wären...

richtig häßlich finde ich dagegen das geplante kdf bad in prora. obwohl es damals schon ein großer luxus fürs arbeitervolk gewesen wäre, für 1 woche an die ostsee zu fahren, auch wenns nur ein 20 qm zimmerchen im block war.

dank an berchtesgarden für den buchtipp.

mein scifi tipp: alles von stanislaw lem, besonders eden oder auch solaris
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Beitragvon liquid_1 » 06.12.2002 (11:05)

ich lese gerne Terry Pratchett,Douglas Adams(leider tot)und Isaak Asimov.Zwar noreality,aber trotzdem genial.
Die Welt ist ein Leierkasten,
auf die der Herrgott spielt.
Und wir alle müssen tanzen,
nach der Musik, die er vorgibt!
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Beitragvon Electrosmog » 06.12.2002 (13:02)

jup, Terry Pratchett finde ich auch total genial, ich mag es wenn jemand GROSS SPRICHT! :wink:
aber Douglas Adams hat mir nie wirklich richtig gefallen. empfehlen kann ich die 3 bücher der "Battlefield Earth" serie von L. Ron Hubbard, um einiges besser als der film. nur doof das Hubbard sich entschieden hat ein sektenführer zu werden.
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Beitragvon .siamesiC Twin. » 06.12.2002 (14:15)

literatur: pratchett rulez!! adams läßt sich auch genial lesen. und wer noch auf sf steht, dem kann ich robert a heinlein empfehlen. der ist zwar seit ner weile tot, und schrieb seine geschichten vor 50 jahren. es ist aber erstaunlich welche weitsicht der typ besaß.

germania: mit größenwahnsinnig meine ich inwieweit sich den architektonischen plänen alles unterordnen mußte, ganze stadtteile wurden abgerissen, für eine halle, deren tragfestigkeit auf berlin's sandboden alles andere als sicher war. es wäre interessant gewesen zu sehen, ob die gigantomie wirklich gehalten hätte....
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Beitragvon vac » 09.12.2002 (19:30)

jaaa. orwell rulez :) auch wenns traurig ist, daß die faszination darin besteht parallelen zur gegenwart zu ziehen... :roll:

pratchet mag ich nicht so, adams ist genial allerdings kann ich davon nicht viel auf einmal lesen. wohl (m)ein problem der witzigen bücher.

bin gerade bei kapitel 2 von "vaterland". krasses buch und so absolut "echt" geschrieben. und das von einem nicht-deutschen... :shock: weiß zwar nicht warum ausgerechnet ein teil der waffen-ss die aufgaben der kripo übernimmt, aber wenn man das mal als gegeben hinnimmt, ist es verdammt realistisch.

am krassesten fand ich bisher das hier:

(der hauptakteur des buches, ss-sturmbannführer xaver märz, liest zeitung)

und die einsamen herzen:

"fünfzigjähriger, rein arischer arzt, veteran der schlacht um moskau, der sich auf dem land niederlassen will, wünscht sich männliche nachkommenschaft durch heirat mit gesunder, arischer, jungfräulicher, junger, bedürfnisloser, fleißiger frau., an harte arbeit gewöhnt; breite hüften, flache absätze, keine ohrringe voraussetzung."


:shock: mal abgesehen davon, daß es wohl der längste satz ist, den ich jemals gelesen habe... soviele wünsche auf einmal? *lol* die frau als gebärmaschine...
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Beitragvon haiwire » 09.12.2002 (19:47)

deren tragfestigkeit auf berlin's sandboden alles andere als sicher war


ooch naja, letztendlich hätte der boden ja gehalten, wie die reportage gezeigt hat.



ganze stadtteile wurden abgerissen


wurde nach 49 in berlin fortgesetzt, "häuser einreißen, häuser aufbaun" wie die puhdys so schön sangen (wobei westberlin dem nicht nachstand)

wirklich schön anzusehen ist aber die siedlung in alt-rhese, kann empfehlen dort mal urlaub zu machen. mit ein bißchen glück bekommt man ein zimmer in so einem häuschen, ist auch schön billig, da alles privat.

nach meinung einiger forscher ist in dieser gegend der ursprung des baldur-krestos mythos zu finden.-->das buch "weisthor" gibt hier einige hinweise.
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Beitragvon worldnihil » 06.07.2003 (5:52)

Also ich persönlich fand die Nazi-Architektur sehr schön (von den KDF-Bauten mal abgesehen) und hätte nix dagegen, wenn Germania noch vor Hitler`s Ende gebaut worden wäre. Kuckt euch doch mal die bockhässlichen Städte von heute an ... na, vielen Dank auch :cry: !
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Beitragvon chikan » 06.07.2003 (9:29)

worldnihil hat geschrieben:Also ich persönlich fand die Nazi-Architektur sehr schön (von den KDF-Bauten mal abgesehen) und hätte nix dagegen, wenn Germania noch vor Hitler`s Ende gebaut worden wäre. Kuckt euch doch mal die bockhässlichen Städte von heute an ... na, vielen Dank auch :cry: !


Wobei ich mal anmerken möchte, daß ich jedesmal Spaß habe wenn ich nach Japan reise. Da gibt es diese Städtebaulichen Reglungen nicht so und so baut jeder wie er will (oder zumindest scheint es so). Allerdings kommt dadurch in größeren Städten wie Osaka und Tokyo ein wirklich interessanter Mix mit teilweise sehr skurilen Bauten zusammen. Im Rahmen meines Geographiestudiums (hatte ich als nebenfach) hatte ich uch ein paar Vorlesungen und Seminare zur Stadtentwicklung. Da wurde uns immer die einheitliche Stadtentwicklung angepriesen. Verglichen mit Japan finde ich es tötend langweilig hier.
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Beitragvon vac » 06.07.2003 (10:12)

wobei man als durchschnittseuropäer in den großen japanischen metropolen wohl an der neon-reklame erblindet. aber ich schweife wieder vom thema ab :oops:
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Beitragvon Karid » 07.07.2003 (8:34)

also schön finde ich die nazi bauten nicht, aber sie sind schon allein durch ihre größe überwältigend, genau das sollten sie ja wohl auch sein.

Vielen dank übrigens an alle buch-tipper; hat mich daran erinnert mal wieder was anderes zu machen als warcraft zu spielen.
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Beitragvon Cripple » 07.07.2003 (18:58)

Von mir mal auch noch eine Buchempfehlung!
"Otherland" von Tad Williams!
Eine für mich geniale Mischung aus Scifi, Fantasy, Thriller, Krimi
und was weis ich noch so, welche sich über 4 Bücher bzw.
ca. 3600 Seiten erstreckt, ohne das sie langweilig wird!
Tad Williams ist für mich einer der besten Autoren!
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