vac hat geschrieben:mag sein, dass ich mit meinen 26 jahren vielleicht ein kind der spaßkultur bin, aber wenn ich weggehe will ich was auf die ohren und mir nicht gedanken machen, was denn nun der künstler mit diesem song sagen will.
- Ja Himmiherrgottsakrament, hat denn bitt'schön irgendwer was davon gesagt, daß Message/inhaltliche Tiefe und Spaß/was auf die Ohren kriegen sich gegenseitig ausschließen?!?
Ich z. B. hatte auf dem letzten Whitehouse-Gig
'ne Menge Spaß und hab' RICHTIG auffe Ohren gekriegt; dessen ungeachtet weisen Produkte aus dem Hause Whitehouse - oder eben auch GO, um nur zwei markante Beispiele zu nennen - ungleich mehr Tiefe auf als die so mancher, zeitgenössischer Plastikindustriekapelle. - Und
das spricht mich an: Wenn Musik noch ein, zwei funktionale Ebenen
mehr aufweist als einzig TanzenSpaß&Rambazamba!
Wenn's mir nur um gute Partymucke geht, besuche ich eh' lieber technoide Veranstaltungen; -
Feiern kann diese Szene allemal besser als der verkniffene Haufen, der sich gemeinhin so bei Industrial-Events zusammenfindet. (Sorry für die harschen Worte, aber da ich im Zweifelsfall selber Teil dieses verkniffenen Haufens bin, sei'n sie mir gestattet ...

)
white room hat geschrieben:Im übrigen, wer ist sich bei Aussagen, Coverbilder, Tracknamen, Bandnamen, Videoperformance und Live-Darbietungen denn so sicher, wie es denn gemeint ist? Seid Euch da mal nicht so sicher, dass Eure "Tiefenpsychologische Ermittlungsarbeit" da mal nicht falsch liegt; auch bei den Bands, die Euch "heilig" sind - was die wahrliche Industrial-Philosophie angeht.
- Der Diskussionsgegenstand war ja nicht irgendeine Uneinigkeit hinsichtlich der korrekten hermeneutischen Dechiffrierung industrieller Artefakte, sondern die Klage über einen besorgniserregend um sich greifenden Mangel an halbwegs ernstzunehmender semantischer Aufladung derselben.
Freilich: bei guter Kunst kann man sich hinsichtlich der "richtigen" Deutung nie ganz sicher sein - dieser Mangel an Eindeutigkeit macht sie ja gerade zu
guter Kunst.
Immer stellt sie aber ein Material dar, an dem man sich reiben kann, das herausfordert, bietet
Möglichkeiten und
Anregungen zu vielschichtiger Deutung. Und vor eben
diesem Hintergrund erscheint es mir durchaus beklagenswert, wenn die besagte, ehedem für das, was sich "Industrial" schimpfte, konstitutive Mehrdeutigkeit einer intellektuellen Flurbereinigung zum Opfer fällt, die einen grauen Einheitsbrei an Standardchiffren und -symbolen hinterläßt, welche - jeder tieferen Aussage entkleidet - nur noch die Funktion von schmückendem Beiwerk und zielgruppenaffinen Acessoires erfüllen.
"Der gebildete Mensch hat die Pflicht, intolerant zu sein." - Nicolás Gómez Dávila