darkmauser hat geschrieben:...ja wie wars denn nun? Geht bitte ruhig ordentlich ins Detail, auf daß ich mich ob meiner faulheitsbedingten Abwesenheit ärgere...
Ins Detail, ok. Aber Du musst Dich nicht zu sehr ärgern. Wie gesagt: Ich habe schon bessere Festivals besucht, sowohl was die Organisation als auch die Qualität der Acts anging -- allerdings keins mit solchen speziellen Lieblingen von mir.
Der Ort war das Vooruit, eine art barockes Theater, das als Veranstaltungszentrum genutzt wird. Hat eine sehr nette Atmosphäre.
Organisation: Es gab keinen Zeitplan, niemand wusste bescheid, wann wer spielt. Es gab lediglich eine Liste der Bandnamen an einer Biertheke, auf der die Namen der Reihe nach durchgestrichen wurden. Was die'Aftershowparty' anging, wurde lediglich auf der Webpage kurzfristig der geänderte Ort bekanntgegeben, einen Laden namens Twieoo, in dem gräßlicher Kommerzpop gespielt wurde, und in dem außer mir und Begleitung nur die Bedienung mit zwei Bekannten anwesend waren. Nachfragen bei anderen versprengten Festivalbesuchern legten nahe, dass es definitiv keine Aftershow-Party gegeben hat (die ich fest einkalkuliert hatte, um dann mit dem ersten Zug um 5:22 nach hause zu fahren).
Die Auftritte:
Ich bin gerade rechtzeitig zu IRM gekommen und war gleich erstmal enttäuscht über die nicht ganz bühnenreife Performance. Während der Soundtüftler aphatisch am Synthi stand marschierte der Sänger (in braunem Existenzialisten-Rolli und mit betontem Seitenscheitel) kreuz und quer über die Bühne, wobei er ein mit der Zeit immer größer werdendes Knäul aus Mikroschnur und Mikroständern hinter sich herschleifte -- was zugegeben einen gewissen Unterhaltungswert besaß. Von der Botschaft der ins Mikro gebrüllten Worte hat man zum Glück dank Distortion nicht viel verstanden. Das wurde auch von dem dosenweise heruntergestürzten Freibier nicht besser, das CMI seinen Künstlern spendierte. Der Höhepunkt des Gigs war, dass der Sänger (dem Publikum dabei die unvorteilhafte Rückseite zugewandt) minutenlang einen einzigen Ton auf einem elektronisch verfremdeten Saiteninstrument spielte, das aber in der restlichen Soundkollage kaum zu hören war. Währenddessen lief ein rätselhaftes Video im Hintergrund, bei dem es wohl um ein Experiment ging, wie viel farbige Flüssigkeit man aushusten kann, ohne daran zu ersticken.
Aber egal -- wegen IRM bin ich ja nicht gekommen. Und ich beschränke mich mal auf die für mich interessanten Projekte (außer Desiderii, das ich leider verpasst hab).
Als nächstes kam Ulf Söderberg alias Sephiroth an die Reihe. Der Sound kam zu 100% aus der Konserve. Das Repertoire des Keyboarders Söderberg bestand aus dem gelegentlichen Justieren an irgendwas, das im Kabelsalat hinter dem Synthi unterging, und dramatisch gespielten Akkorden bei jedem Tempowechsel, deren Einsatz des öfteren verpasst wurde und so das Playback auch für den Blindesten offenbarte. Nichts davon hatte einen hörbaren Einfluss auf das, was aus den Lautsprechern kam. Allerdings gab es trotzdessen ziemlichen Beifall, was an der Qualität der Komposition der eingespielten Stücke lag, mal ruhig und mal mitreißende bombastische Perkussion... viele kannten Sephiroth nicht und waren wohl positiv überrascht. Und es waren auch unveröffentliche Stücke dabei (zumindest welche, die ich nicht kannte), weshalb die Bilanz auch für mich persönlich hier positiv ausgefallen ist.
Raison d'Être: Hätte man nicht gewusst, dass es keine Rowdies gab und alle Instrumente von den Künstlern selbst aufgebaut wurden, hätte man sich wundern können, was dieser Techniker, vor seinem Notebook hockend, 15 Minuten lang da macht und wann der Auftritt endlich losgehen würde, wo schon so lange ein Intro-Soundteppich gespielt wird. Peter Anderson wirkte auch extrem muffelig, irgendwas schien nicht zu klappen, so dass ich denke dass es nicht wirklich gewollt war, dass man nur nach und nach merkte, dass er mit einem Sampler herumhantierte, Geräusche einspielte und diese verfremdet zum Klanggebilde hinzufügte. Immerhin war es der Versuch einer Improvisation und man muss wohl einfach damit Leben, dass die manchmal nicht besonders specktakulär ausfallen.
Skip.
Ich habe mich zunächst gefragt, wer das wohl sein mag, der da vorn, nur mit einem Mikro bewaffnet, vor einem Haufen meist eher dröger Schwarzkittel den Animateur gab und sie allein durch sein Dasein zu ekstatischem Vorschussablaus treiben wollte. Auch die melodramatische Ankündigung, dass dies für lange Zeit sein letztes Konzert sei, hat die Masse nicht gerade überschäumen lassen. Nun, er hat jedenfalls sein Programm präsentiert und ich bin nach dem Auftritt auf die Liste an der Biertheke aufmerksam geworden (meine Stammbiertheke war gerade nicht besetzt) und wollte mal kucken, wer denn wohl dieser Nachwuchstondichter gewesen sein mag, denn ein paar Sachen in der begleitenden Elektronik hatten mich ansatzweise neugierig gemacht -- und siehe da: Das soll Deutsch Nepal gewesen sein? Und
es 'singt'? Aber es kann sein, dass ich da schon ein bisschen in meiner Urteilsfähigkeit beeinträchtigt wurde, da ich bereits seit fast 30 Stunden wach war abgesehen von kurzen Schlummern in der Bahn.
über die anderen Acts, die teilweise besser performed haben als meine Spezis, sollen andere berichten. (Das WE DESTROY YOU muss mir nochmal jemand erklären.)
Mein Resümee: CMI hat ein paar seiner unter Vertrag stehenden Künstler mit Freiflug und Freibier nach Gent gelockt und gesagt: Stellt euch eine halbe Stunde auf die Bühne und macht irgendwas -- egal was. Das Ergebnis war von recht durchwachsener Qualität, um nicht von Professionalität sprechen zu müssen.
So, das war mein ganz subjektiver Bericht von dem Event.