Cold Meat Industry Festival am 19.02.2005 im Kulturzentrum Luchtbal / Antwerpen
Für die Leute, die nicht soviel lesen möchten hier die kurze Festival-Zusammenfassung: Genial, phantastisch, unverzichtbar!
Die erste überraschung war die Bekanntgabe der Reihenfolge der Auftritte. Nicht wie vermutet Brighter Death Now sollten zum Schluß spielen, sondern Coph Nia mit dem längsten Auftritt, während die anderen Projekte ca. 30-45 min zur Verfügung hatten.
Die zweite überraschung erlebten die meisten Besucher beim Betreten des Konzertraumes. Eine Art Theater- bzw. Kinosaal mit festen Sitzreihen, nach vorne abfallend bis zur sehr großzügig dimensionerten Bühne mitsamt einer riesigen Leinwand.
Aufgrund der Länge der Veranstaltung hatten wohl die meisten der ca. 200 Besucher nichts gegen das Sitzen einzuwenden, zumal man sich in den Pausen am CMI Verkaufsstand (mit den meisten Projektverantwortlichen) oder im Verpflegungsbereich die Beine vertreten konnte.
Den musikalischen Auftakt bildete Proiekt Hat, der sich lässig auf sein Gerätepult stützte und angenehme Noise und Power Electronics Klänge fabrizierte. Leider gab es im Hintergrund keine Videoeinspielungen. Es stellte sich aber sehr schnell als sinnvoll heraus, den Musiker im Blickfeld zu behalten, da er alle 2-3 Minuten eines seiner Tapes locker aus dem Handgelenk heraus quer durch den Raum schleuderte, mitunter über die Köpfe der Gäste hinweg. Als gerade ein neuer Loop einsetzte verschwand er urplötzlich von der Bühne und hinterließ ein minutenlang irritiertes Publikum, das erst allmählich begriff, daß der Auftritt beendet war. Cooler Hund!
Die Klänge von The Protagonist waren natürlich weitaus ruhiger, da neoklassisch, aber ein Schlagwerker peppte das Ganze etwas auf. Ich hätte mir noch ein weiteres Live-Instrument gewünscht, aber der Rest wurde vom Notebook beigesteuert. Passendes dramatisches Filmmaterial war ebenfalls parat.
Anschließend kam ein sehr gut gelaunter Lina Baby Doll auf die Bühne. Schnell waren reichlich Bierflaschen um seinen Gerätetisch drapiert worden und da Der General ein netter Mensch ist, ließ er den armen Tisch auch nicht lange unter dem Gewicht der vollen Flaschen leiden. Auch wenn sich manche Besucher lieber seine ruhigen Stücke gewünscht hätten, war ich persönlich froh, daß er hauptsächlich die deftigeren Tracks mit Gesang ablieferte. Für mich der Höhepunkt des Abends.
Geschickterweise gab es dann mit Raison d?Etre wieder ein sehr ruhiges Projekt. Empfand ich die ersten Minuten noch als etwas monoton, wurden die Klänge anschließend immer düsterer und geheimnisvoller. Wunderbar gesellte sich dazu der Videohintergrund, wo bei blubbernden Soundflächen eine Flasche auf dem Wasser trieb oder bei eher metallischen Klängen die Kamera entlang der Außenfassade eines verwitterten Schiffswracks fuhr.
Anschließend lieferte der Labelchef mit seinem Brighter Death Now ein relativ kurzes, aber sehr solides durchgehendes Lärmgewitter ab. Unterstützt u.a. von Lina an der E-Gitarre, der sich zu Beginn des Auftritts die Jeans auf der Bühne ausziehen ließ und sodann in hautengen, kurzen Boxershorts agierte.
Das folgende Projekt Shinjuku Thief empfand ich in erster Linie als die phantastische Arbeit eines Videokünstlers, der es versteht, seine optische Darbietung adäquat auditiv zu untermalen. Musikalisch angenehm und im Filmsoundtrack-Bereich angesiedelt, war die Hauptattraktion ein Video, welches sich auf keinem Filmkunstfestival zu verstecken braucht. Ein kläglicher Beschreibungsversuch meinerseits würde dem nicht gerecht werden und daher laß? ich es.
Sehr clever, da schon zu fortgeschrittener Stunde, wählten Coph Nia gleich als Opener den Kracher Holy War, um dem langsam müder werdenden Publikum wieder Leben einzuhauchen. Und obwohl ich bei diesem Auftritt den handwerklich und stimmlich professionellsten Eindruck hatte, sackten einige Besucher bei den ruhigen, sakralen Stücken auf ihren weichen Fauteuils ins Lummerland. Selbst bin ich zwar wach geblieben, aber in der Mitte der Veranstaltung hätte ich diesen Auftritt sicher mehr geniessen können. Coph Nia waren übrigens die einzigen, die kurze Applauspausen zwischen den Songs hatten während alle anderen Projekte ihren Sound nicht einmal abgesetzt haben.
Da man auch wieder einige persönlich bekannte Gesichter getroffen hat und etliche, die man immer wieder auf entsprechenden Veranstaltungen antrifft, hatte das Ganze trotz der recht stattlichen Besucherzahl immer noch ein sehr familiäres Ambiente. Mit 3 Worten: Genial, phantastisch, unverzichtbar!